Der Doppelspiel-Verdacht: Friedrich Merz
Ein investigativer Blick auf die widersprüchliche Migrationspolitik der Union und die aktuellen Koalitionsverhandlungen
Die Ausgangslage: Das Asylpaket vom Januar 2025
Ende Januar 2025 präsentierte sich Friedrich Merz als entschlossener Hardliner in der Migrationspolitik. Nach dem Messerangriff von Aschaffenburg brachte der damalige Kanzlerkandidat der Union ein Migrationspaket in den Bundestag, das unter anderem dauerhafte Grenzkontrollen, erweiterte Befugnisse für die Bundespolizei und die Zurückweisung von Asylsuchenden an der Grenze vorsah.
Das Brisante daran: Die Union hatte keine Mehrheit im Bundestag und war auf die Stimmen anderer Fraktionen angewiesen. Kritische Beobachter stellten bereits damals die Frage, ob Merz tatsächlich an einer Umsetzung seiner Vorschläge interessiert war oder ob es sich um ein taktisches Manöver im Vorfeld der Bundestagswahl handelte.
Die mathematische Unmöglichkeit
Die Sitzverteilung im damaligen Bundestag machte das Dilemma deutlich: Mit 196 Abgeordneten war die Union weit von der notwendigen absoluten Mehrheit von 367 Stimmen entfernt. Selbst mit der FDP (90 Sitze) und den sieben fraktionslosen Abgeordneten hätte es nicht gereicht. Die einzige realistische Möglichkeit: die Stimmen der AfD (76 Sitze).
Merz‘ Aussage im ZDF war aufschlussreich: „Wenn die AfD zustimmt, dann stimmt sie zu. Wenn sie nicht zustimmt, dann soll sie es bleiben lassen.“ Parallel dazu betonte er jedoch die vermeintliche Brandmauer zur AfD: „Die AfD ist kein Partner, sondern unser politischer Gegner.“
Diese widersprüchliche Haltung führt zur zentralen Frage: Wollte Merz tatsächlich sein Migrationspaket durchsetzen oder ging es ihm primär um die Inszenierung als migrationspolitischer Hardliner, um der AfD Wähler abzuwerben?
Migrationspolitik -Die fehlende Umsetzungsbereitschaft
Die damalige Positionierung von Sahra Wagenknecht ist ebenfalls aufschlussreich. Zunächst signalisierte sie Zustimmungsbereitschaft für die Union, änderte jedoch ihre Position: Das BSW enthielt sich letztendlich, was faktisch einer Ablehnung gleichkam. Eine realpolitische Mehrheit für das Merz-Paket hätte es nur mit der AfD geben können – eine Kombination, die Merz öffentlich ablehnte.
Der CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sprach damals davon, die Mehrheiten würden „aus der Mitte des Parlaments“ kommen – eine Aussage, die angesichts der Stimmenverhältnisse kaum haltbar war und die Fragwürdigkeit des Vorhabens unterstreicht.
Die Wahlkampfstrategie wird erkennbar
Im Rückblick erscheint das Vorgehen als klassisches Wahlkampfmanöver: Merz präsentierte sich als Hardliner in der Migrationspolitik, wohl wissend, dass er seine Vorschläge ohne die AfD nicht durchbringen konnte. Gleichzeitig konnte er mit seiner Ablehnung einer Zusammenarbeit mit der AfD den Eindruck erwecken, er stehe fest zur „Brandmauer“.
Diese Doppelstrategie war politisch geschickt: Sie ermöglichte es ihm, AfD-Wähler anzusprechen, ohne bei gemäßigten Wählern an Zustimmung zu verlieren. Die Botschaft lautete: „Wählt mich und ihr bekommt eine härtere Migrationspolitik – aber ohne die problematische AfD.“
Die Kapitulation in den Koalitionsverhandlungen
Die aktuelle Entwicklung bei den Koalitionsverhandlungen offenbart nun die ganze Tragweite dieser Taktik. Von der im Wahlkampf propagierten harten Migrationslinie ist kaum noch etwas zu erkennen. Stattdessen zeichnet sich eine weitgehende Anpassung an die Positionen von SPD und sogar den Grünen ab.
Besonders problematisch erscheint das von Merz ausgehandelte „Schuldenpaket“, das von konservativen Stimmen innerhalb der CDU heftig kritisiert wird. Kritiker werfen ihm vor, für den Preis der Kanzlerschaft zentrale Wahlversprechen und finanzpolitische Grundsätze der Union zu opfern.
Der Finanzexperte der CDU, Dr. Wolfgang Steiger, äußerte sich kürzlich besorgt: „Mit dem aktuellen Schuldenpaket verabschieden wir uns von der schwarzen Null und der soliden Haushaltspolitik, die jahrzehntelang unser Markenzeichen war. Das ist ein Verrat an unseren Kernwählern.“
Die Widersprüche werden offensichtlich
Vergleicht man die Rhetorik des Wahlkampfes mit den aktuellen Koalitionsverhandlungen, wird der Widerspruch offensichtlich. Im Januar 2025 forderte Merz noch eine konsequente Abschiebungspolitik und dauerhafte Grenzkontrollen. In den aktuellen Verhandlungen mit SPD und Grünen sind diese Forderungen kaum noch zu vernehmen.
Stattdessen dominieren Themen wie Klimaschutz, Sozialausgaben und die Aufweichung der Schuldenbremse – Positionen, die im klaren Widerspruch zum Wahlprogramm der Union stehen. Die migrationspolitischen Versprechen, mit denen Merz im Wahlkampf punkten konnte, scheinen in den Verhandlungen keine prioritäre Rolle mehr zu spielen.
Die innerparteiliche Opposition formiert sich
Innerhalb der CDU regt sich zunehmend Widerstand gegen den Kurs von Friedrich Merz. Mehrere Landesverbände, insbesondere aus dem konservativen Flügel, haben ihre Bedenken angemeldet. Der Vorsitzende der Werte-Union, Alexander Mitsch, warnte: „Mit dieser Anbiederung an SPD und Grüne verrät Merz nicht nur unsere Wähler, sondern riskiert auch die Zukunft der CDU als konservative Volkspartei.“
Auch aus der CSU kommt Kritik. Markus Söder, der im Januar noch gemeinsam mit Merz für strengere Asylgesetze warb, distanziert sich zunehmend von den Koalitionsverhandlungen. „Wir haben den Wählern eine andere Politik versprochen“, erklärte Söder kürzlich auf einer Pressekonferenz in München.
Ein Appell an die Abgeordneten
Die aktuellen Entwicklungen stellen die CDU-Bundestagsabgeordneten vor eine grundlegende Entscheidung: Folgen sie dem Kurs von Friedrich Merz, der offenbar bereit ist, wesentliche Wahlversprechen für den Machterhalt zu opfern? Oder besinnen sie sich auf die Kernwerte der Union und verweigern ihre Zustimmung zu Kompromissen, die im Widerspruch zum Wahlprogramm stehen?
Die Geschichte lehrt, dass Parteien, die ihre Kernversprechen aufgeben, langfristig an Glaubwürdigkeit und Wählerzustimmung verlieren. Das Beispiel der SPD nach der Agenda 2010 oder der FDP nach ihren Koalitionskompromissen mit der CDU 2009-2013 zeigt die Gefahren einer solchen Strategie.
Fazit: Die Täuschungsthese erhärtet sich
Die chronologische Betrachtung der Ereignisse – vom Asylpaket im Januar 2025 über den Wahlkampf bis zu den aktuellen Koalitionsverhandlungen – nährt den Verdacht einer bewussten Wählertäuschung. Merz präsentierte sich als migrationspolitischer Hardliner, obwohl er wusste, dass er seine Vorschläge ohne die AfD nicht umsetzen konnte und mit ihr nicht umsetzen wollte.
Diese Strategie mag wahlpolitisch erfolgreich gewesen sein, stellt aber die politische Integrität in Frage. Wenn die CDU unter Merz nun in einer Koalition mit SPD und Grünen zentrale Wahlversprechen aufgibt, bestätigt dies die Befürchtungen vieler kritischer Beobachter.
Die CDU steht am Scheideweg. Entweder sie folgt dem taktischen Kurs ihres Vorsitzenden und riskiert langfristig ihre Identität als konservative Kraft, oder ihre Abgeordneten besinnen sich auf ihre Verantwortung gegenüber den Wählern und setzen dem politischen Schachspiel von Friedrich Merz Grenzen.
Die nächsten Wochen werden zeigen, ob die CDU noch die Kraft hat, zu ihren Wahlversprechen zu stehen, oder ob sie sich dem Machtpragmatismus ihres Vorsitzenden unterordnet.
Der Artikel erschien zuerst auf Wort und Macht (Substack).
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